March 4, 2022 at 02:20PM: Ukraine-Krieg: EU-Außenminister warnt vor „Weltkatastrophe“ - Nato-Chef will weitere Länder stützen

Erstellt: 04.03.2022, 14:09 Uhr

Von: Florian Naumann, auf Merkur.de

Der russische Präsident Wladimir Putin geht im Ukraine-Krieg aggressiv vor. Eine Russland-Expertin spricht über seine vermeintlichen Pläne. (Archivbild) © Mikhail Klimentyev/Imago

Gibt es eine Verhandlungslösung für den Ukraine-Krieg? Die Hoffnungen sind gering - dennoch steigt der Druck auf Russland weiter. News-Ticker.

  • Der Ukraine-Krieg tobt ungebremst weiter. Die Hoffnung auf eine Verhandlungs-Lösung ist gering.
  • Doch der diplomatische Druck auf Russland im Ukraine-Konflikt* steigt - nun auch mit einer Resolution des UN-Menschenrechtsrates.
  • Auch neue EU-Sanktionen könnten folgen. Belarus redet seinen Beitrag zum Krieg klein.

Update vom 4. März, 13.54 Uhr: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Russland zum Frieden in der Ukraine aufgefordert. Er bekräftige in einem Pressestatement in Brüssel: „Die Nato will keinen Krieg mit Russland“. Stoltenberg rügte zugleich, der Ehrgeiz des Kreml bestehe „darin, eine größere Einflusssphäre zu wählen“.

Das Bündnis werde bei Bedarf jedes einzelne Mitgliedsland unterstützen, betonte der Norweger. Aber auch die Zusammenarbeit mit Finnland und Schweden - beide keine Nato-Länder - werde ausgebaut. Schweden hatte zuletzt eine Verletzung seines Luftraums durch russische Militärmaschinen gemeldet. Auch in Georgien oder Bosnien-Herzegowina wolle man „mehr tun“, darüber bestehe weitgehende Einigkeit, sagte Stoltenberg. Er sprach von einem „Upscaling“, konkret etwa durch gemeinsame Übungen.

Eine von der Nato durchgesetzte Flugverbotszone (siehe voriges Update) schloss Stoltenberg aus. Weder Nato-Flugzeuge noch solche aus anderen westlichen Ländern sollten sich in der Ukraine bewegen, unterstrich der Nato-Generalsekretär.

Ukraine-Russland-Verhandlungen: Asselborn gegen Flugverbotszone - „Weltkatastrophe“ bei Nato-Beteiligung

Update vom 4. März, 12.57 Uhr: Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat den ukrainischen Wunsch nach einer vom Westen durchgesetzten Flugverbotszone über der Ukraine zurückgewiesen. Eine solche No-Fly-Zone müsste von den Vereinten Nationen beschlossen werden und es stelle sich die Frage, wer diese Zone kontrollieren würde, sagte der dienstälteste Chefdiplomat der Nato-Staaten am Freitag am Rande von Beratungen des Bündnisses in Brüssel. Ein militärisches Einwirken der Nato wäre „eine Weltkatastrophe“, warnte er.

„Ich glaube, wir müssen jetzt mit den Füßen auf dem Boden bleiben, sagte Asselborn. Man dürfe sich nicht provozieren und einbeziehen lassen. Wie Asselborn sprach sich auch der tschechische Außenminister Jan Lipavský klar gegen eine Flugverbotszone aus.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj* hatte die Nato-Staaten zuvor eindringlich aufgefordert, zu verhindern, dass Russland weiter Luftangriffe auf sein Land starten kann. „Wenn Ihr den Himmel jetzt nicht schließen wollt, dann nennt eine Frist“, sagte er. „Sagt mir, wie viele Menschen sollen in die Luft fliegen, wie viele Arme, Beine, Köpfe braucht Ihr, damit das zu Euch durchdringt?“

Ukraine-Verhandlungen: Putin unter UN-Druck, russischer Gesandter reagiert patzig - „Nehmen keine Belehrungen“

Erstmeldung: Genf/Minsk - Eine zweite Verhandlungsrunde zwischen Russland und der Ukraine hat am Donnerstag keinen großen Durchbruch erbracht. Doch die diplomatischen Bemühungen laufen auf der weltpolitischen Bühne und hinter ihren Kulissen weiter: Der Druck auf Russland im Ukraine-Konflikt* wächst. Der Verbündete Belarus redet unterdessen zumindest offiziell seine Rolle klein.

Der UN-Menschenrechtsrat etwa hat am Freitag Untersuchungen von möglichen Menschenrechtsverletzungen Russlands in der Ukraine eingeleitet. Eine Untersuchungskommission soll zu Rechtsbrüchen ermitteln und diese dokumentieren. Die Kommission soll auch Verantwortliche benennen, um sie vor Gerichten zur Rechenschaft ziehen zu können, wie aus der Resolution hervorgeht, die der Rat am Freitag in Genf verabschiedete.

32 der 47 Mitgliedsländer stimmten dafür, zwei dagegen (Russland und Eritrea), 13 enthielten sich. Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock hatte weltweit für Zustimmung zur Resolution geworben. China, Kuba und Venezuela machten klar, dass sie die Resolution ablehnen, sie enthielten sich dann aber der Stimme. Chinas Haltung zum Ukraine-Krieg wird im Westen besonders argwöhnisch beäugt.

Ukraine-Krieg: Russland unter diplomatischem Druck - „Nehmen keine Belehrungen von westlichen Ländern“

Der russische Vertreter im Rat sprach von einer Geldverschwendung. Sein Land nehme keine Belehrung von westlichen Ländern, die selbst in Afghanistan, Irak und Syrien militärisch eingegriffen haben, sagte er zu Beginn der Dringlichkeitsdebatte am Donnerstag. Moskau stellt die demokratisch gewählte Regierung in der Ukraine als illegitim und extremistisch dar und bezeichnet sie als Bedrohung für Russlands Sicherheit.

Der Rat verurteilte die Militäroperation Russlands in der Ukraine „auf das Schärfste“. Am Mittwoch hatten dies 141 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in der UN-Vollversammlung in New York getan. Dort lehnten fünf Länder die Resolution ab, 35 Länder enthielten sich.

Gennadi Gatilow, Botschafter aus Russland, spricht im UN-Menschenrechtsrat.
Gennadi Gatilow, Botschafter aus Russland, spricht im UN-Menschenrechtsrat. © Martial Trezzini/dpa

Russland und Ukraine im Krieg: Neue Sanktionen der EU auf dem Weg

In Deutschland schien eine Debatte über einen möglichen Nato-Einsatz in der Ukraine zu entbrennen. CDU-Chef Friedrich Merz dachte angesichts eines Brandes in einem ukrainischen AKW laut über diese Option nach - wenngleich es soweit noch nicht sei, wie er betonte. Kanzler Olaf Scholz schloss eine Nato-Aktion explizit aus. Am Donnerstag im TV-Talk „Maybrit Illner“, aber auch am Freitag bei einem Truppenbesuch in Schwielowsee bei Potsdam.

Baerbock kündigte unterdessen neue Sanktionen gemeinsam mit der EU* an. „Über die drei scharfen Sanktionspakete hinaus, die wir bereits beschlossen haben, werden wir weitere Maßnahmen ergreifen, die gezielt in das Machtzentrum Putins treffen“, sagte die Außen-Ressortchefin am Freitag vor Beratungen mit ihren Nato- und EU-Kollegen in Brüssel. Im Gespräch sind nach Brüsseler Angaben Strafmaßnahmen gegen die russische Gas- und Ölindustrie.

Ukraine-Russland-Verhandlungen: Lukaschenko bestreitet Beteiligung am Krieg

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat unterdessen mit Nachdruck eine Beteiligung seines Landes am Krieg gegen die Ukraine bestritten. „Die belarussische Armee hat an der Spezial-Operation nicht teilgenommen und beabsichtigt auch nicht, daran teilzunehmen“, sagte Lukaschenko am Freitag Staatsmedien zufolge in Minsk. „Dazu besteht keine Notwendigkeit.“ Es habe auch keine Aufforderungen zur Einmischung gegeben. „Ihr habt keinen Anlass zur Besorgnis“, sagte er an die Adresse der Belarussen gerichtet.

Zugleich betonte Lukaschenko, die Kräfte an der Grenze zur Ukraine würden verstärkt. Es gebe immer wieder Versuche, Belarus in den Konflikt hereinzuziehen. Lukaschenko bezeichnet wie Russland den Krieg als „Spezial-Operation“. Moskau könnte den Gebrauch von Vokabeln wie „Angriff“ oder Invasion“ im eigenen Land bald unter drakonische Haft-Strafe stellen.

Der oft als „letzter Diktator Europas“ bezeichnete Machthaber* hatte dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sein Land als Aufmarschgebiet gegen die Ukraine zur Verfügung gestellt. Russische Flugzeuge, Hubschrauber und Raketen flogen zudem von belarussischem Gebiet aus an. Zugleich nutzen russische und ukrainische Unterhändler Belarus als Ort für Verhandlungen. Die Führung in Kiew hatte zwischenzeitlich behauptet, auch belarussische Kräfte kämpften in der Ukraine oder bereiteten sich auf einen Angriff vor. (dpa/AFP/fn)