February 25, 2022 at 12:06PM aktuell: Krieg in der Ukraine: Kreml kündigt Vergeltung für westliche Sanktionen an - WELT

Russland hat Vergeltung für vom Westen verhängten Sanktionen angekündigt. Moskau werde mit „symmetrischen und asymmetrischen“ Gegenmaßnahmen reagieren, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Die EU, die USA und weitere westliche Verbündete hatten wegen des russischen Einmarsches in die Ukraine umfangreiche Sanktionen gegen Moskau verhängt.
Der Angriff auf die Ukraine lässt derweil auch andernorts erstmals seit Ende des Kalten Kriegs die Angst vor einem Dritten Weltkrieg aufflammen. Für den Historiker Heinrich August Winkler ist die Gefahr so groß wie zuletzt vor 60 Jahren: „Dies ist der gefährlichste Moment der Geschichte seit der kubanischen Raketenkrise von 1962“, sagt der Autor der Reihe „Geschichte des Westens“.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zuvor „Konsequenzen“ angekündigt, „die Sie in Ihrer Geschichte noch nie erlebt haben“, sollte der Westen in den Ukraine-Krieg eingreifen. Das müsse man als Drohung verstehen, Atomwaffen einzusetzen, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im ZDF bei Markus Lanz.
Mit einer so bedrohlichen Kriegssituation wie jetzt „sind die meisten von uns in ihrem Leben noch nicht konfrontiert worden“, sagte auch der Psychologe und Bestsellerautor Stephan Grünewald („Wie tickt Deutschland?“) im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.
Der Jugoslawien-Krieg der 90er-Jahre oder auch der Irak-Krieg von 2003 seien mit der derzeitigen Situation kaum vergleichbar, denn der eigene Lebensbereich war dadurch auch potenziell nie bedroht. Im Golfkrieg 1991 wiederum gehörte Deutschland – wenn auch nicht als aktiver Kriegsteilnehmer – mit zu der westlichen Allianz, die dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein den von ihm besetzten Ölstaat Kuwait wieder entriss.
„Jetzt dagegen finden wir uns in einer Ohnmachtssituation wieder“, stellt Grünewald fest. „Die nun empfundene Angst ist alles andere als irrational, sie beruht auf einer sehr realen Gefahrensituation. Wir spüren, dass der Krieg ein Maß an Unkalkulierbarkeit in sich trägt, das ans Unvorstellbare grenzt.“
Russland kann Außenminister Sergej Lawrow zufolge die aktuelle ukrainische Regierung nicht als demokratisch anerkennen. Russland wolle, dass das ukrainische Volk unabhängig sei und sein Schicksal frei bestimmen könne. Niemand greife das ukrainische Volk an, sagte Lawrow. Zu Gesprächen sei Russland bereit, sobald die ukrainische Armee die Kampfhandlungen einstelle.
Die Türkei weist ein Gesuch der Ukraine zurück, russische Kriegsschiffe daran zu hindern, über türkische Gewässer in das Schwarze Meer zu gelangen. Dies sei nicht möglich aufgrund eines internationalen Pakts, der Schiffen Durchfahrtsrechte zusichere, um in ihre Heimathäfen zurückzukehren, teilt das Außenministerium in Ankara mit.
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte Kiew an das Nato-Mitglied Türkei appelliert, den Bosporus und die Dardanellen für russische Kriegsschiffe zu sperren.
Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen rechnen mit vier bis fünf Millionen Flüchtlingen, sollte sich die Lage in der Ukraine weiter zuspitzen. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef spricht von fünf Millionen, die UN-Flüchtlingshilfe von vier Millionen. Das UN-Menschenrechtsbüro erklärt, es gebe Berichte über mindestens 127 zivile Opfer in der Ukraine, davon 25 Tote und 102 Verletzte. Die eigentliche Zahl dürfte aber weitaus höher liegen.
Die Nato kann nach den Worten von Ministerpräsident Mario Draghi auf 3400 zusätzliche Soldaten aus Italien zählen. Draghi sagt vor dem Parlament in Rom, die Truppen sollten das Verteidigungsbündnis dabei unterstützen, die Krise unter Kontrolle zu halten.
In der Frage von Sanktionen sei sich Italien vollständig mit Deutschland und Frankreich einig. „Unsere Priorität sollte heute sein, die Sicherheit unseres Kontinents zu stärken und maximalen Druck auf Russland auszuüben, damit es seine Truppen abzieht und an den Verhandlungstisch zurückkehrt“, sagt Draghi.
Die Europäische Union will nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel weitere Sanktionen gegen Moskau verhängen. Ein „weiteres (Sanktions-)Paket wird dringend vorbereitet“, erklärte Michel auf Twitter. Am Donnerstagabend hatte die EU bereits ein zweites Sanktionspaket gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine beschlossen.
Russische Truppen rücken nach Angaben der Ukraine von Nordosten und Osten auf die Hauptstadt Kiew vor. Russische Einheiten seien in der nordöstlich von Kiew gelegenen Stadt Tschernihiw von den Regierungstruppen zurückgedrängt worden, teilte die ukrainische Armee mit. Daher versuche die russische Armee nun, nach der Eroberung der weiter östlich gelegenen Stadt Konotop von dort aus auf Kiew vorzurücken.
Die Behörden in Kiew haben die Bevölkerung im nordwestlichen Stadtteil Obolon dazu aufgerufen, die Straßen zu meiden. „Im Zusammenhang mit der Annäherung aktiver Feindseligkeiten werden die Bewohner des Obolon-Bezirks gebeten, nicht nach draußen zu gehen.“
Das EU- und Nato-Land Rumänien verlangt weitere Sanktionen gegen Russland und deren Ausweitung auf Belarus, sowie finanzielle Hilfe für Moldau und Georgien. Dies habe Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis beim EU-Gipfeltreffen zum Ukraine-Russland-Konflikt gefordert, wie der Staatschef bei Facebook mitteilte.
Moldau und Georgien seien Partnerstaaten des Westens, die unter Moskaus Druck stünden. Es sei daher wichtig, deren Widerstandskraft mit finanziellen Mitteln zu unterstützen, schrieb Iohannis weiter.
Auch der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian sorgt sich um weitere Ex-Sowjetrepubliken wie Moldau und Georgien. „Präsident Putin will die Geschichte neu erfinden. Er will ein Großreich schaffen und mit allen Mitteln seine Macht behaupten, dabei driftet er völlig ab“, sagte Le Drian dem Sender France Inter. „Wir sind besorgt, wie es weitergeht“, fügte er auf die Frage nach Moldau und Georgien hinzu.
Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den russischen Einmarsch in die Ukraine scharf verurteilt. „Dieser Angriffskrieg Russlands markiert eine tiefgreifende Zäsur in der Geschichte Europas nach dem Ende des Kalten Krieges“, schreibt sie in einer Erklärung. „Für diesen eklatanten Bruch des Völkerrechts gibt es keinerlei Rechtfertigung, ich verurteile ihn auf das Schärfste.“
Sie verfolge die Entwicklung mit größter Sorge und Anteilnahme. Merkel betont, dass sie alle Anstrengungen der Bundesregierung, der EU, G7, Nato und USA unterstütze, „diesem Angriffskrieg Russlands und von Präsident Putin schnellstens Einhalt zu gebieten“.
Die Innenminister der 27 EU-Staaten beraten am Wochenende bei einem Krisentreffen über die Folgen des russischen Großangriffs auf die Ukraine. Bei der Sondersitzung sollen „konkrete Antworten auf die Situation in der Ukraine“ erörtert werden, kündigte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin bei Onlinedienst Twitter an.
„Mehrere Themen werden auf der Tagesordnung stehen, darunter die europäische Antwort auf die humanitären und sicherheitspolitischen Auswirkungen sowie Vergeltungsmaßnahmen“, sagte ein französischer Regierungsberater der Nachrichtenagentur AFP.
Russland hat einem Agenturbericht zufolge Vergeltungssanktionen vorbereitet. Die Regierung in Moskau sei sich der Schwächen des Westens bewusst, zitiert die Nachrichtenagentur Tass die Präsidentin des Oberhauses des russischen Parlaments, Walentina Matwienko, die auch Mitglied im Sicherheitsrat ist.
In der ostukrainischen Stadt Charkiw sind laute Explosionen zu hören, wie ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur Reuters sagt.
Das Finale der Champions League wird am 28. Mai in Paris statt in St. Petersburg stattfinden. Diese Entscheidung fällte das Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union bei einer Krisensitzung aufgrund der russischen Invasion in die Ukraine.
Der Linken-Politiker Gregor Gysi warnt angesichts des Angriffs auf die Ukraine vor einem weiteren Schulterschluss zwischen Russland und China. „Es gibt ja logischerweise Sanktionen gegen Russland, aber es gibt ja auch viele Sanktionen gegen China. Was ich nicht möchte, ist, dass wir sie zu einem Bündnis zwingen“, sagte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion im ZDF-„Morgenmagazin“.
China sei wirtschaftlich „viel stärker als Russland“, Russland wiederum militärisch überlegen. „Wenn die sich wirklich zusammenschließen, entsteht da ein Machtfaktor, der für die Demokratien, für den Westen gar nicht beherrschbar ist“, erklärte der Linken-Politiker. Die Gefahr einer stärkeren Allianz sieht Gysi auch mit Blick auf mögliche weitere finanzielle Sanktionen gegen Russland.
Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hat sich China erneut gegen auf Moskau gerichtete Sanktionen ausgesprochen. „Ich möchte wiederholen, dass Sanktionen noch nie ein effektiver Weg waren, um Probleme zu lösen“, sagte Wang Wenbin, ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums. „Wir hoffen, dass die relevanten Parteien Probleme durch Dialog und Verhandlungen lösen können“, so der Sprecher weiter.
Peking hatte sich bereits vor dem Beginn der russischen Invasion gegen mögliche Vergeltungssanktionen ausgesprochen. „Wir sind konsequent gegen alle illegalen einseitigen Sanktionen“, hatte eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums bereits am Mittwoch gesagt. „Seit 2011 haben die USA mehr als 100 Sanktionen gegen Russland verhängt. Haben diese US-Sanktionen irgendein Problem gelöst?“, fragte die Sprecherin weiter.
Die russischen Truppen haben nach Angaben Moskaus die Kontrolle über eine wichtige Wasserstraße auf der annektierten Halbinsel Krim übernommen. Russische Einheiten seien bis in die Stadt Cherson vorgedrungen, teilte die Armee am Donnerstagabend in Moskau mit.
Dadurch könne die Blockade des Nord-Krim-Kanals beendet und die Wasserversorgung der Krim wiederhergestellt werden. Die ukrainischen Behörden hatten die Wasserzufuhr durch den Nord-Krim-Kanal, der 85 Prozent des Wasserbedarfs der Krim abdeckte, nach der Annexion der Halbinsel durch Russland im Jahr 2014 gekappt.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat den russischen Angriff auf die Ukraine auch mit Verweis auf die Corona-Pandemie scharf verurteilt. Der russische Präsident Wladimir Putin gefährde Menschen in einer Situation, „in der wir noch mitten in der Corona-Pandemie sind“, sagte Lauterbach. „Die Welt hat wirklich Besseres zu tun, als sich mit den Großmachtfantasien von Putin zu beschäftigen.“
Lauterbach sagte, ihm täten vor allem die Kinder in der Ukraine leid, „deren Kindheit unterbrochen wird und die hier in Angst und Terror um das eigene Leben und das Leben ihrer Eltern fürchten müssen“. Putin habe „in verbrecherischer Weise das Völkerrecht gebrochen“, sagte der SPD-Politiker. Das Vorgehen sei „bestürzend, narzisstisch und in keiner Weise akzeptabel“.
Nach Angaben des ukrainischen Militärs nutzt Russland den belarussischen Flugplatz Gomel zur Aufstellung von Truppen für einen Angriff auf die Hauptstadt Kiew, nachdem der Militärflughafen Hostomel in der Nähe von Kiew zerstört worden sei. Russland wolle zunehmend zivile Infrastruktur und Häuser zerstören, schreibt der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte auf Facebook.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow will mit Abgesandten der selbst ernannten Republiken Donezk und Luhansk in der Ostukraine über deren Pläne zur Eröffnung diplomatischer Vertretungen in Moskau sprechen. Das Außenministerium teilt mit, beide Seiten würden zudem über die russischen Militäroperationen in der Ukraine reden und über diplomatische Vertretungen Russlands in Donezk und Luhansk.
Bundesfinanzminister Christian Lindner hält weitere Sanktionen gegen Russland für möglich. „Alle Optionen liegen auf dem Tisch“, sagte Lindner vor einem Treffen mit den anderen Finanz- und Wirtschaftsministern der EU in Paris. Es gebe auch ohne den Ausschluss Russlands vom Zahlungssystem Swift bereits eine vollständige Blockade russischer Banken.
„Damit ist der Geschäftsverkehr mit Russland bereits nahezu beendet.“ Im Einzelfall seien Transaktionen noch möglich, etwa um Gaslieferungen zu bezahlen, oder damit deutsche Unternehmen Geld an ihre Tochterfirmen in Russland überweisen könnten.„Weitere Schritte sind möglich, müssen aber in ihren Auswirkungen bedacht werden.“
Russland hat seinen Luftraum für britische Flugzeuge gesperrt. Von dem Überflugverbot seien auch Maschinen betroffen, die in Großbritannien geleast wurden, teilte die russische Luftfahrtbehörde in Moskau mit.
Dies sei eine Reaktion auf ein Landeverbot für die staatliche russische Fluggesellschaft Aeroflot, das Großbritannien nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine ausgesprochen hat. Die Behörde verwies zur Begründung auf ein Abkommen zwischen beiden Ländern, „dass die Fluggesellschaften beider Länder faire und gleiche Rechte erhalten“.
Russische Truppen haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums eine Insel vor der ukrainischen Hafenstadt Odessa eingenommen. Die 13 ukrainischen Grenzschützer der Schlangeninsel im Schwarzen Meer seien durch Beschuss eines russischen Kriegsschiffs getötet worden. 82 ukrainische Soldaten hätten sich ergeben.
Zudem hat Russland eigenen Angaben zufolge insgesamt 118 ukrainische Militärobjekte „außer Gefecht“ gesetzt, darunter elf Militärflughäfen. Dies teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, in Moskau mit. Unabhängig überprüfen lassen sich solche Aussagen nicht.
Der ukrainischen Atombehörde zufolge ist die Strahlung am stillgelegten Atomkraftwerk Tschernobyl erhöht. Dies liege an den Bewegungen schwerer Militärfahrzeuge in dem Gebiet, durch die radioaktiver Staub aufgewirbelt worden sei.
Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor mitgeteilt, dass Fallschirmjäger nach Tschernobyl gebracht würden, um dort das Atomkraftwerk zu bewachen. Laut den russischen Angaben ist die Strahlung rund um das Kraftwerk normal.
Russland strebt nach Angaben eines Beraters des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Einnahme von Kiew an. Demnach solle Selenskyj getötet werden. Das sei das einzige Ziel der russischen Aktion.
Auch Selenskyj hatte am Morgen in einer Videoansprache gesagt, er sei für das russische Militär das Hauptziel. Dennoch bleibe er mit seinem Regierungsteam in Kiew. Seine Familie werde ebenfalls im Land bleiben. “Nach unseren Informationen hat der Feind mich als Ziel Nummer eins ausgemacht”, sagte Zelenskyj. “Meine Familie ist das zweitwichtigste Ziel. Sie wollen die Ukraine politisch zerstören, indem sie das Staatsoberhaupt vernichten.”
Der designierte FDP-Generalsekretär Bijar Djir-Sarai fordert angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine zukünftig eine stärkere sicherheits- und außenpolitische Zusammenarbeit in Europa. „Wir haben uns in den letzten Jahren als Europäer sehr klein gemacht, wenn es um Fragen der Sicherheits- und Außenpolitik ging. Gerade in der Sicherheitspolitik brauchen wir mehr Zusammenarbeit, mehr interne Absprachen“, so Djir-Sarai dem Fernsehsender „phoenix“.
„Die europäische Verteidigungspolitik und -armee ist eine Frage, die wir zügig anpacken müssen. Wir können uns nicht mehr wie in der Vergangenheit als Europäer darauf verlassen, dass die Amerikaner die Probleme für uns lösen.“
In einem nördlichen Bezirk der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist es zu Gefechten gekommen. Auch Explosionen waren im Stadtteil Obolonsky zu hören, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Menschen rannten demnach weg, um sich in Sicherheit zu bringen. Schüsse waren dem AFP-Reporter zufolge dort zu hören und bis ins Stadtzentrum auch größere Explosionen.
Ungeachtet des Angriffs auf die Ukraine setzt Russland eigenen Angaben zufolge den Gastransit durch das Nachbarland nach Europa fort. Ein Sprecher des russischen Staatskonzerns Gazprom sagte der Agentur Interfax zufolge: „Gazprom liefert russisches Gas für den Transit durch das Gebiet der Ukraine im regulären Modus und gemäß den Anforderungen europäischer Verbraucher.“
Angesichts des russischen Einmarsches in die Ukraine hatten zuletzt im Westen Sorgen um die Sicherheit der eigenen Energieversorgung zugenommen. Die Ukraine – einst größtes Transitland für Gas nach Europa – betreibt noch immer ein rund 38.000 Kilometer langes Gasnetz.
Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace spricht sich für einen Ausschluss Russlands vom internationalen Zahlungssystem Swift aus. „Wir würden gerne noch weiter gehen, wir würden gerne das Swift-System nutzen“, sagt er der BBC. Falls aber nicht alle Länder für einen Ausschluss seien, würde es schwierig werden.
Auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte zuvor, dass ein Ausschluss Russlands aus dem internationalen Währungssystem Swift nicht vom Tisch sei. Man könne sich dies vornehmen, wenn Russland Kiew weiter bombardiere, sagt er im ZDF. Aber man müsse bei Sanktionen immer sehen, wer davon stärker betroffen werde – Russland oder der Westen.
Für den französischen Finanzminister Bruno Le Maire bleibt ein Ausschluss Russlands aus Swift eine Option, sei aber das „letzte Mittel“.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dem Kreml ein gezieltes Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung vorgeworfen. „Das Ziel dieser Attacke ist Druck“, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft an seine Landsleute. „Druck auf Sie, liebe Bürger. Druck auf unsere Gesellschaft.“
Die Russen machten entgegen eigener Ankündigungen keinen Unterschied zwischen militärischen Zielen und Wohnhäusern. Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums hat Russland in den letzten 24 Stunden 33 zivile Ziele getroffen. Zwei Kinder seien getötet worden.
Zugleich kritisierte der ukrainische Staatschef mangelnde Unterstützung aus dem Ausland: „Wir verteidigen unseren Staat allein. Die mächtigsten Kräfte der Welt schauen aus der Ferne zu.“ Auch die neuen westlichen Strafmaßnahmen gegen Moskau seien nicht genug: „Haben die gestrigen Sanktionen Russland überzeugt? Am Himmel über uns und auf unserer Erde hören wir, dass dies nicht ausreicht.“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat die ablehnende Haltung der Bundesregierung gegenüber möglichen Waffenlieferungen an die Ukraine bekräftigt. „Wir sind nicht für Waffenlieferungen in die Ukraine, da hat sich auch nichts dran geändert“, sagte sie aim ZDF-„Morgenmagazin“.
Mit Blick auf die Flucht Tausender Menschen aus der Ukraine sagte Faeser, Deutschland sei „natürlich sehr wachsam und vorbereitet, auf all das, was da jetzt kommt“. Nun gehe es aber zunächst vor allem darum, die Nachbarländer der Ukraine zu unterstützen, betonte die Ministerin.
Lettlands Präsident Egils Levits hat sich für noch weitgehendere westliche Strafmaßnahmen gegen Russland ausgesprochen. Moskau müsse seiner Ansicht nach mit allen möglichen Sanktionen belegt werden. „Das Wichtigste ist, dieses kriminelle Regime von der Welt zu isolieren, ähnlich wie Nordkorea. Denn ein solches Regime bedroht nicht nur die Ukraine, sondern Europa und die ganze Welt“, betonte Levits.
Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten haben am Donnerstagabend einem umfangreichen Sanktionspaket gegen Russland zugestimmt. Lettland und die beiden anderen Baltenstaaten Estland und Litauen hatten sich schon vor dem Gipfel für noch weitreichendere Maßnahmen ausgesprochen, etwa den sofortigen Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift.
Der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat vor einer Eskalation des Konflikts mit Russland unter Beteiligung der Nato gewarnt. „Wollen wir wirklich in einen Nuklearkrieg mit Russland eintauchen? Das wäre nämlich die Konsequenz, wenn die NATO eingreifen würde. Ich glaube, das will nicht mal die Ukraine“, sagte der frühere SPD-Vorsitzende im ZDF-„Morgenmagazin“.
Ein solcher Angriff würde „Europa zu einem nuklearen Schlachtfeld machen“. Russland sehe jetzt eine große Chance, „sich zurück zur europäischen Großmacht zu bringen“, so Gabriel. Die Hoffnung des Westens, über Verhandlungen Ergebnisse zu erzielen, sei von Russland zerstört worden.
Die Nato-Staaten hätten nun lediglich zwei Möglichkeiten: „Sanktionen und Waffenlieferungen an die Ukraine, damit sie sich selber verteidigen kann.“ Zugleich sei wichtig, die eigenen militärischen Fähigkeiten auszubauen. „Wir können und müssen die Bundeswehr besser machen und müssen auch die Nato besser machen“, sagte Gabriel.
Die ukrainische Armee kämpft nach eigenen Angaben gegen vordringende russische Truppen nördlich der Hauptstadt Kiew. Wie die ukrainischen Streitkräfte bei Facebook mitteilten, kam es zu Gefechten in den Orten Dymer, das rund 45 Kilometer nördlich von Kiew liegt, sowie Iwankiw, rund 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt. Dort sei „eine große Anzahl von Panzern des Feindes eingetroffen“.
Russland hatte am Donnerstagmorgen mit einem großen Angriff auf die Ukraine begonnen. In mehreren Städten schlugen Raketen und Artilleriegranaten ein. Russische Bodentruppen waren anschließend binnen weniger Stunden bis in den Großraum Kiew vorgedrungen. Luftlandetruppen nahmen einen Militärflughafen am nordwestlichen Stadtrand von Kiew ein.
Mehr als 100.000 Menschen sind laut den UN nach dem Einmarsch Russlands innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Weitere Tausende Bewohner der Ukraine seien aus dem Land geflüchtet, bestätigte die Sprecherin des Hilfswerks UNHCR, Shabia Mantoo, der Nachrichtenagentur epd.
Die Behörden Moldaus hätten die Ankunft von 4.000 geflohenen Menschen aus der Ukraine bestätigt. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR unterstütze mit den Behörden der Ukraine die flüchtenden Menschen.
Die US-amerikanische Botschafterin bei den UN, Linda Thomas-Greenfield, rechnet mit einer möglichen Gesamtzahl von bis zu fünf Millionen Menschen, die vor der Gewalt in der Ukraine flüchten werden.
Nach Ansicht des britischen Verteidigungsministers Ben Wallace will Russland in die ganze Ukraine einmarschieren. Russland habe am ersten Tag der Invasion versagt und keines seiner vorrangigen Ziele eingenommen. Er schätze die Zahl der Opfer auf russischer Seite auf mehr als 450.
Die Bundesregierung will der Nato nach einem Bericht des „Spiegel“ mehr Kräfte für die Ostflanke des Bündnisses zur Verfügung stellen. Die Militärs hätten Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) ein Paket zusammengestellt, heißt es darin.
Danach könnte eine Infanterie-Kompanie mit rund 150 Soldaten mit „Boxer“-Radpanzern an die Nato-Ostflanke verlegt werden. Die deutschen Soldaten könnten sich einem französischen Gefechtsverband in Rumänien anschließen, den Paris bei der Nato bereits angekündigt habe.
Daneben könnte Deutschland das „Patriot“-Flugabwehrraketensystem etwa für das Baltikum anbieten. Zudem wolle die Regierung für Nato-Missionen in der Nord- und Ostsee eine Korvette und eine Fregatte bereitstellen. Das Verteidigungsministerium war zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine hat die Bundesregierung einem Bericht zufolge die Hermes-Bürgschaften für Russland gestoppt.
Wie das „Handelsblatt“ am Donnerstag unter Berufung auf das Wirtschaftsministerium berichtete, ist die Bewilligung dieser Bürgschaften sowie von Investitionsgarantien für Russland „bis auf weiteres ausgesetzt“. Damit wird deutschen Firmen das Geschäft mit Russland erschwert, auch bei Gütern, die nicht auf der europäischen Sanktionsliste stehen.
Mit den Export-Kreditgarantien sichert die Bundesrepublik seit 1949 Ausfuhren deutscher Unternehmen ab, um sie gegen die Zahlungsunfähigkeit ausländischer Kunden, aber auch gegen die Folgen kriegerischer Ereignisse oder gegen staatliche Beschlagnahme zu schützen. Vor allem für den Mittelstand ist dies eine wichtige Absatzfinanzierung.
Der Grünen-Co-Vorsitzende Omid Nouripour schließt höhere Ausgaben für die Bundeswehr als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht aus. Es gehe derzeit nicht darum, alte Positionen zu wiederholen, sagt Nouripour im Deutschlandfunk. Man betrete sicherheitspolitisches Neuland, weshalb er nichts ausschließen könne. Er sehe durch den russischen Angriff „ein Ende der Friedensordnung in Europa“.
Politische Versäumnisse sehe er bei der Aufstellung der Bundeswehr. „Ich muss einfach eingestehen: Wenn es einen Grund gibt für Politik, ein schlechtes Gewissen zu haben, dann sind es die Berichte über den Zustand der Bundeswehr“, sagte Nouripour.
Der Grünen-Parteichef bezog sich dabei unter anderem auf einen Post des Heeresinspekteurs Alfons Mais. Dieser hatte am Donnerstag auf dem Netzwerk Linkedin angesichts der Entwicklungen im Russland-Ukraine-Konflikt geschrieben, dass die Bundeswehr „mehr oder weniger blank“ dastehe.
Der russische Dirigent Vladimir Jurowski hat nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine das ursprünglich rein russische Programm für zwei Konzerte seines Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin am Wochenende geändert.
Anstelle des Slawisches Marsches von Peter Tschaikowsky (1840-1893) werden nun die Ukrainische Nationalhymne auf eine Melodie des ukrainischen Komponisten Mychajlo Werbyzkyj (1815-1870) sowie dessen Sinfonische Overtüre Nr. 1 gespielt.
Er habe den Beginn der militärischen Aggression bis zuletzt nicht für möglich gehalten, sagte Jurowski, der auch Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper ist, am Donnerstag in einer Mitteilung.
„Ich bin zutiefst entrüstet über diese Aktion, aber auch extrem traurig, weil ich durch meine Familiengeschichte mit beiden Ländern verbunden bin.“ Er hoffe auf Frieden so schnell wie möglich. Mit der Programmänderung „wollen wir ein Zeichen der Solidarität mit dem ukrainischen Volk setzen“.
Der stellvertrende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, sieht für Deutschland eine ernstzunehmende Gefahr von Cyberangriffen aus Russland. „Wir haben in den letzten Jahren immer wieder gesehen, dass das eine Methode ist, die Russland anwendet, und wir sind da verletzbar“, sagte Notz am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“.
Deutschland müsse diese Gefahr „maximal ernstnehmen“ und sich „hart und entschlossen aufstellen“. Als Beispiele für Bereiche, die betroffen sein könnten, nannte er Finanzmärkte, die Stromversorgung, Medien und Krankenhäuser.
CDU-Chef Friedrich Merz befürwortet einen Ausschluss Russlands aus dem internationalen Swift-Zahlungssystem. „Wenn die EU-Kommission einen solchen Vorschlag machen sollte, sollte Deutschland ihn nicht verhindern“, sagt er im Deutschlandfunk.
Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge zeigen die anhaltenden Angriffe Russlands auf die Ukraine, dass die Sanktionen des Westens gegen Russland nicht ausreichten. Die Welt beobachte aus der Ferne weiter, was in der Ukraine geschehe. Gleichzeitig lobte der Staatschef am Freitagmorgen die Ukrainer für ihren „Heldenmut“ angesichts des russischen Vormarsches. Russland müsse „früher oder später“ mit der Ukraine „sprechen“, um die Kämpfe zu beenden, sagte er weiter.
Die osteuropäischen Nato-Mitglieder bittet Selenskyj um Unterstützung bei der Verteidigung. Er habe diesbezüglich mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda gesprochen, schreibt Selenskyj auf Twitter. Er habe auch um Hilfe gebeten, Russland an den Verhandlungstisch zu bringen. „Wir brauchen eine Anti-Kriegs-Koalition.“
Der frühere Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) in der Debatte um seine Rolle im aktuellen Russland-Konflikt vorsichtig in Schutz genommen. „Dass er in seiner Haltung zu Russland nicht für die SPD spricht – wie ich übrigens auch nicht – ist offensichtlich. Und dass ich in der Russland-Frage völlig anderer Meinung bin als er, ist auch keine Neuigkeit“, sagte Gabriel dem „Spiegel“ laut Vorabmeldung vom Donnerstag. Trotzdem fühle er sich „ihm politisch und menschlich verbunden.“
„Ich bin nicht in der Position, Gerhard Schröder öffentliche Ratschläge zu erteilen“, führte Gabriel weiter aus. „Das fände ich angesichts dessen, was er als Kanzler für Deutschland, Europa und auch für die USA geleistet hat, regelrecht unanständig.“
Ukrainische Truppen liefern sich nach Angaben des Generalstabs heftige Gefechte mit russischen Angreifern im Kiewer Gebiet. In Iwankiw rund 80 Kilometer nordwestlich der ukrainischen Hauptstadt hätten sich Fallschirmjäger einer „überwältigenden“ Anzahl russischer Truppen entgegengestellt, die mit gepanzerten Fahrzeugen vorrückten. Eine Brücke sei zerstört worden. Auch auf dem strategisch wichtigen Flugplatz Hostomel nordwestlich von Kiew werde gekämpft, teilte der Generalstab weiter mit. Ukrainische Truppen hielten auch dort Stand.
Nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat Russland um 04.00 Uhr Ortszeit die Raketenangriffe wieder aufgenommen. Beschossen würden sowohl zivile als auch militärische Ziele, teilte er in einer im Fernsehen übertragenen Rede mit. Der Vormarsch der russischen Truppen sei an den meisten Stellen gestoppt worden.
Indiens Premierminister Narendra Modi hat Russlands Präsident Wladimir Putin zu einem sofortigen Ende der Gewalt in der Ukraine aufgerufen. Er betonte in einem Telefongespräch, dass die Differenzen zwischen Russland und der Nato nur durch „ehrlichen und aufrichtigen Dialog“ gelöst werden könnten, wie das Büro des Premiers am späten Donnerstagabend in Neu Delhi mitteilte. Er forderte konzertierte Bemühungen von allen Seiten, um zum Weg diplomatischer Verhandlungen und zum Dialog zurückzukehren.
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine bedroht nach Auffassung des ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter die Sicherheit in Europa und auf der gesamten Welt. „Ich verurteile diesen ungerechten Angriff auf die Souveränität der Ukraine, der die Sicherheit in Europa und auf der ganzen Welt bedroht“, schrieb der 97-Jährige am Freitag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Carter rief den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, „alle Militäraktionen einzustellen und den Frieden wiederherzustellen.“
Im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew sind am Freitagmorgen nach Angaben einer AFP-Reporterin zwei laute Explosionen hörbar gewesen. Der ukrainische Vize-Innenminister Anton Gerachtschenko schrieb auf seinem Telegram-Account: „Die Angriffe auf Kiew mit Marschflugkörpern oder ballistischen Raketen haben wieder begonnen. Ich habe zwei starke Explosionen gehört.“
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sein Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin als „offen, direkt und kurz“ bezeichnet. Er habe Putin in dem Gespräch auf Bitten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufgefordert, die Kämpfe in der Ukraine so rasch wie möglich zu beenden, sagte Macron am frühen Freitagmorgen nach einem EU-Krisengipfel in Brüssel.
Er gestand mit Verweis auf den anhaltenden Krieg in der Ukraine ein: „Es hat keine Wirkung gezeigt, das sehen Sie im Moment ganz deutlich, da der russische Präsident den Krieg gewählt hat.“
Er habe Putin dazu aufgefordert, zu diskutieren, mit Selenskyj zu diskutieren, sagte Macron. Selenskyj selbst erreiche Putin schließlich nicht. Es sei seine Verantwortung, eine solche Initiative zu ergreifen, wenn sie von der Ukraine erbeten werde.
Macron warb dafür, das russische Vorgehen zu verurteilen und zu sanktionieren, aber zugleich den Weg des Gesprächs offenzuhalten, damit ein Ende der Feindseligkeiten erreicht werden könne, wenn die Bedingungen erfüllt seien.
Macron ist der erste westliche Politiker, der mit Putin nach dessen international scharf kritisierten Einsatzbefehl gesprochen hat. Der Kreml hatte das Gespräch am Donnerstagabend bekannt gemacht.
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich auf Finanzsanktionen gegen Moskau verständigt, die auf 70 Prozent des russischen Bankenmarkts abzielen. Das Paket der Sanktionen zeige, wie geeint die EU sei, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einem Tweet. Das Paket ziele auch auf wichtige staatliche Unternehmen, einschließlich der Verteidigung, ab.
Die Sanktionen betreffen laut EU-Gipfelerklärung den russischen Finanz-, Energie- und Transportsektor, den Export von Dual-Use-Gütern, die für zivile und militärische Zwecke genutzt werden können, die Visa-Vergabe sowie eine Reihe „russischer Einzelpersonen“.
Auf einer Pressekonferenz sagte von der Leyen: „Diese Ereignisse markieren den Beginn einer neuen Ära. Putin versucht, ein befreundetes europäisches Land zu unterjochen. Er versucht, die Landkarte Europas mit Gewalt neu zu zeichnen. Er muss und wird scheitern.“
Das detaillierte Sanktionspaket war von der EU-Kommission vorbereitet worden und muss noch formell vom Ministerrat der EU-Staaten verabschiedet werden. Dies soll am Freitag passieren.
Russlands Präsident Wladimir Putin will nach Ansicht von US-Außenminister Antony Blinken die ukrainische Regierung stürzen. Er sei „überzeugt“, dass Putin dies versuchen werde, sagte Blinken am Donnerstag (Ortszeit) im Gespräch mit dem TV-Sender ABC mit Blick auf die Regierung von Präsident Wolodymyr Selenskyj. „Wir wissen, dass es Teil des russischen Plans ist, Kiew in Gefahr zu bringen, die Hauptstadt anzugreifen und auch gegen andere Großstädte vorzugehen“, sagte Blinken. „Wir sehen Truppen, die aus dem Norden kommen, aus dem Osten und aus dem Süden“, sagte er weiter.
Ähnlich äußerte sich Selenskyj in Kiew. „Nach unseren Informationen hat mich der Feind zum Ziel Nr. 1 erklärt, meine Familie zum Ziel Nr. 2“, sagte er in einer Videobotschaft. Es gebe falsche Berichte, dass er Kiew verlassen habe. „Ich bleibe in der Hauptstadt, bleibe bei meinem Volk.“ Aber er dürfe nicht sagen, wo genau er sich aufhalte.
Laut dem Präsidenten befinden sich bereits russische Saboteure in der ukrainischen Hauptstadt.
Auch Japan legt bei den Sanktionen gegen Russland nach. Ziel der Strafmaßnahmen seien nun auch Banken, sagte Ministerpräsident Fumio Kishida. Sanktionen gebe es auch bei der Ausfuhr von militärischen Gerät. Japan werde sein Bestes geben, um den wirtschaftlichen Schaden auf das eigene Land in Grenzen zu halten.
Die russische Armee ist nach Einschätzung des ukrainischen Generalstabs bereits mit einem großen Teil ihrer versammelten Truppen in die Ukraine vorgestoßen. Ein Militärsprecher nannte die Zahl von 60 taktischen Bataillonsgruppen (BTG) aus Russland. Das sind hochflexible und schnelle Kampftruppen mit 600 bis 1000 Soldaten. Die russische Armee hatte nach ukrainischen Angaben etwa 90 solcher Gruppen für die Invasion zusammengezogen.
Der Gegner konzentriere seine Truppen in den Gebieten Charkiw und Donezk im Osten sowie im Süden, sagte der Sprecher. Hauptziel scheine zu sein, die Hauptstadt Kiew zu blockieren. Außerdem wollten die gegnerischen Truppen einen Landkorridor von der Halbinsel Krim zu den Separatistengebieten im Osten herstellen, sagte der Sprecher am späten Donnerstag in Kiew. Weiteres Ziel sei ein Korridor in die Separatistenregion Transnistrien in der Republik Moldau. Es gebe Kämpfe in der südukrainischen Region Cherson.
Die russische Armee habe versucht, 200 Mann ihrer Luftlandetruppen auf dem Flugplatz Gostomel westlich von Kiew abzusetzen, sagte der Generalstabssprecher. Der ukrainischen Armee sei es gelungen, die Landung des Hauptkontingents abzuwehren. Bis in den Donnerstagabend hinein habe es Kämpfe mit der russischen Vorhut gegeben.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte in einer Videobotschaft in der Nacht zu Freitag vor russischen Saboteuren, die angeblich bereits in Kiew eingedrungen seien.
Die Vereinigten Staaten haben sich besorgt zur Eroberung des ehemaligen ukrainischen Atomkraftwerks Tschernobyl durch das russische Militär geäußert. Die Einnahme der Sperrzone des früheren Meilers und der Mitarbeiter dort sei eine „Geiselnahme“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, in Washington. „Diese unrechtmäßige und gefährliche Geiselnahme, die routinemäßige Arbeiten zum Erhalt und zur Sicherheit der Atommüll-Einrichtungen aussetzen könnte, ist unglaublich alarmierend und sehr besorgniserregend.“
Die Bundesregierung gibt eine Reisewarnung für Belarus aus. Die Grenzübergänge zur Ukraine seien geschlossen, teilte das Auswärtige Amt mit. Das gelte auch für den Grenzübergang Kuznica-Bruzgi zu Polen. Weiteren Schließungen seien nicht ausgeschlossen. Zusätzliche Kontrollmaßnahmen an den Grenzübergängen zu Litauen, Polen und Lettland seien angekündigt. Von Belarus aus waren zuvor russische Verbände in Richtung der Hauptstadt Kiew vorgestoßen.
Durch den russischen Einmarsch sind auf ukrainischer Seite laut Präsident Wolodymyr Selenskyj 137 Menschen getötet worden. Außerdem seien 316 Menschen bei den Gefechten verletzt worden, sagte Selenskyj in der Nacht zum Freitag in einer Videoansprache.
Als Konsequenz aus dem Überfall Russlands auf die Ukraine muss aus Sicht von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) mehr in die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr investiert werden. Deutschland sei jetzt quasi Nachbar eines aggressiv Krieg führenden Landes, sagte er in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. Das werde sicherlich zur Konsequenz haben, dass die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr noch einmal überprüft – „und – ich glaube, da verrate ich kein Geheimnis – gesteigert werden muss“.
Nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ostukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine allgemeine Mobilmachung angeordnet. Das Staatsoberhaupt habe ein entsprechendes Dekret unterschrieben, meldete die Agentur Unian in der Nacht zum Freitag unter Berufung auf das Präsidialamt in Kiew. Die Anordnung gilt demnach 90 Tage und sieht die Einberufung von Wehrpflichtigen und Reservisten vor.
Zuvor hatte Selenskyj bereits eine Teilmobilmachung von Reservisten angeordnet. „Wir müssen operativ die Armee und andere militärische Formationen auffüllen“, begründete er seine Entscheidung. Bei den Territorialeinheiten werde es zudem Wehrübungen geben. Wie viele Männer betroffen sein werden, sagte der 44-Jährige nicht.
Nach ukrainischen Behördenangaben dürfen zudem männliche Staatsbürger im Alter von 18 bis 60 Jahren das Land nicht verlassen. Man werde sie nicht über die Landesgrenze lassen, teilte der Leiter der ukrainischen Zollbehörde in Lemberg, Danil Menschikow, am Donnerstagabend (Ortszeit) auf Facebook mit. Er bat die Menschen, keine Panik zu verbreiten und nicht zu versuchen, eigenständig die Landesgrenze zu überqueren.
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat sich besorgt über die Kampfhandlungen an der zerstörten Atomanlage von Tschernobyl gezeigt. Wegen der potenziellen Unfallgefahr verfolge sie die Situation in der Ukraine „mit großer Sorge“, erklärte die UN-Organisation am Donnerstag. Sie forderte von allen Beteiligten „ein Höchstmaß an Zurückhaltung“. Eine ungesicherte Atomanlage berge große Gefahr.
Das russische Militär hatte den zerstörten Atomreaktor im Norden der Ukraine zuvor nach „erbitterten“ Kämpfen mit ukrainischen Streitkräften eingenommen, wie der der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak am Donnerstagabend mitteilte.
Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine hat die Bundesregierung eine Reisewarnung für Belarus ausgesprochen. Die belarussischen Grenzübergänge zur Ukraine und der Grenzübergang Kuznica-Bruzgi zu Polen seien geschlossen, erklärte das Auswärtige Amt am Donnerstagabend. An den Übergängen nach Litauen, Polen und Lettland seien zusätzliche Kontrollmaßnahmen angekündigt.
Belarussische Flugzeuge dürften zudem nicht mehr in der EU landen, Teile des Luftraums über Belarus seien bereits gesperrt, erklärte das Auswärtige Amt. Flugverbindungen bestünden nur noch über Drittländer. Deutsche in Belarus seien aufgerufen, die Medien zu verfolgen und sich in die Krisenvorsorgeliste des Amts einzutragen.
Tausende Menschen haben in der ukrainischen Hauptstadt Kiew am Donnerstagabend in U-Bahn-Stationen Schutz gesucht. Bürgermeister Vitali Klitschko hat die Bewohner dazu aufgerufen. Bilder aus der Großstadt Charkiw im Osten des Landes zeigten, wie auch dort Menschen mit Decken auf dem Boden einer Metro-Station lagen. Viele hatten Wasserflaschen und Nahrungsmittel dabei.
Die Straßen in Kiew seien am Abend fast menschenleer gewesen, berichtete ein Korrespondent der Deutschen-Presse-Agentur. Auf den Straßen waren demnach nur wenige Autos zu sehen. Seit 21.00 Uhr MEZ galt erstmals eine Sperrstunde. Dennoch war Kiew weiter wie gewohnt beleuchtet, unter anderem die Sehenswürdigkeiten wie die unter Unesco-Schutz stehende Sophienkathedrale und das Goldene Tor.
Zudem zeigten alle TV-Sender nur noch das Programm des öffentlich-rechtlichen Fernsehens mit den entsprechenden Nachrichten.
Der frühere US-Präsident Barack Obama unterstützt scharfe Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine. „Jeder Amerikaner sollte unabhängig von der eigenen Partei Präsident (Joe) Bidens Bemühungen unterstützen, zusammen mit unseren engsten Verbündeten entschiedene Sanktionen gegen Russland zu verhängen“, erklärte Obama am Donnerstag bei Twitter. „Sanktionen, die Russlands autokratische Eliten einen echten Preis zahlen lassen.“
Diese Sanktionen hätten wegen Russlands Bedeutung für den weltweiten Energiehandel zwar auch wirtschaftliche Folgen, räumte Obama ein. „Aber dies ist ein Preis, den wir bereit sein sollten zu zahlen, um für Freiheit einzutreten“, so Obama weiter. „Weil wir langfristig alle eine Entscheidung treffen müssen zwischen einer Welt, in der Mächtige ihr eigenes Recht schaffen und Autokraten frei darin sind, ihren Willen mit Gewalt durchzusetzen – oder einer Welt, in der freie Menschen überall die Möglichkeit haben, über ihre eigene Zukunft zu bestimmen.“
Aufgrund des verhängten Ausnahmezustandes dürfen nach ukrainischen Behördenangaben männliche ukrainische Staatsbürger im Alter von 18 bis 60 Jahren das Land nicht verlassen. Man werde sie nicht über die Landesgrenze lassen, teilte der Leiter der ukrainischen Zollbehörde in Lemberg, Danil Menschikow, am Donnerstagabend (Ortszeit) auf Facebook mit. Er bat die Menschen, keine Panik zu verbreiten und nicht zu versuchen, eigenständig die Landesgrenze zu überqueren.
Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR rund 100.000 Menschen in dem Land auf der Flucht. Mehrere tausend Menschen seien zudem bereits aus dem Land geflüchtet, sagte UNHCR-Sprecherin Shabia Mantoo am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP.
„Wir können noch keine genauen Zahlen bestätigen, aber es ist klar, dass es erhebliche Bewegungen innerhalb des Landes und einige Bewegungen über die Grenzen hinweg gegeben hat“, sagte Mantoo.
UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi hatte zuvor umfassende Schutzmaßnahmen für die Zivilbevölkerung sowie die zivile Infrastruktur in der Ukraine gefordert. „Die humanitären Folgen für die Zivilbevölkerungen werden verheerend sein“, warnte er.
Das UNHCR und seine Partner in der Ukraine seien „bereit, humanitäre Unterstützung zu gewähren, wo es nötig und möglich ist“, fügte Grandi hinzu. Dafür müsse aber der humanitäre Zugang garantiert sein. Die Nachbarländer der Ukraine forderte er dazu auf, ihre Grenzen für Schutzsuchende offen zu halten.
Die Staats- und Regierungschefs der EU haben am Donnerstag bei einem Sondergipfel einem umfangreichen Sanktionspaket gegen Russland zugestimmt. Die Strafmaßnahmen betreffen unter anderem die Bereiche Energie, Finanzen und Transport. Zudem soll es Exportkontrollen für bestimmte Produkte sowie Einschränkungen bei der Visapolitik geben.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat am Donnerstag erstmals Russland wegen seiner Invasion in die Ukraine kritisiert. „Gemeinsam mit unseren EU- und Nato-Bündnispartnern verurteilen wir das militärische Vorgehen Russlands“, sagte Orban in einem Video, das er auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte. „Russland hat heute Morgen mit militärischer Gewalt die Ukraine angegriffen“, fügte er hinzu.
Nach Angaben des ukrainischen Gesundheitsministers Oleh Ljaschko sind durch russische Angriffe am Donnerstag 57 Menschen getötet und 169 verletzt worden. Zudem spricht der stellvertretende Verteidigungsminister davon, dass es heftigen russischen Beschuss in der Ostukraine gebe.
Außenministerin Annalena Baerbock hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen des Angriffs auf die Ukraine Lügen und menschenverachtendes Vorgehen vorgeworfen. Wenn man wie Putin bereit sei, das Leben „von Kindern, Frauen und Männern aufs Spiel zu setzen, um seine Wahnvorstellungen durchzusetzen, dann ist das menschenverachtend“, sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Was nun“. Nun sei es wichtig, geschlossen zu sagen: „Wir akzeptieren das nicht als Weltgemeinschaft.“
Mit Blick auf die zurückliegenden Treffen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit Putin und von ihr mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow in Moskau sagte Baerbock, man sei einen Weg der Härte und des Dialoges gegangen und müsse nun „ehrlich sagen: Wir wurden eiskalt belogen. Der Kanzler wurde belogen, ich vom russischen Außenminister, die gesamte internationale Gemeinschaft.“ Man könne aber nun nicht sagen, „weil der eine lügt, lügen wir jetzt auch“. Vielmehr stehe man zu seinen Werten und müsse Härte zeigen.
Baerbock warf Putin „vollkommen entgrenztes Agieren“ vor. Der russische Präsident handele nicht auf der Grundlage von rationaler politischer Verantwortung. Er sei offenbar gewillt, „mit allen Mitteln den Vormarsch voranzutreiben“. Nun müsse Russland international isoliert werden. Dies habe man in der Vergangenheit offenbar nicht deutlich genug gesagt und getan. Kritik an der Russlandpolitik der Vorgängerregierung der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte Baerbock nicht üben. Derzeit sei dafür der falsche Moment. Wichtig sei vielmehr, dass Regierung und Opposition nun geschlossen Putins Handeln verurteilten.
Die Sanktionen gegen Russland würden einen wirtschaftlichen Preis für Deutschland haben, räumte Baerbock ein. „Natürlich werden die Energiepreise steigen“, sagte sie. „Aber diesen Preis zahlen wir.“ Wenn man jetzt die Augen verschließen und nicht handeln würde mit Sanktionen, „dann hätte das für unser Verständnis von internationalem Recht einen noch viel höheren Preis“. Auf die Frage, was die größte Erkenntnis in ihren ersten Wochen im Amt gewesen und wie bitter das für sie sei, sagte die Ministerin: „Sie ist unglaublich bitter, weil ich erlebt habe (...), wie einem eiskalt ins Gesicht gelogen wurde.“
Die US-Regierung geht davon aus, dass Russland im Zuge seines Angriffs auf die Ukraine die Regierung in Kiew stürzen will. „Wir gehen davon aus, dass (die russischen Streitkräfte) die Absicht haben, die Regierung zu entmachten und ihre eigene Regierungsform zu installieren, was diese ersten Schritte in Richtung Kiew erklären würde“, sagte ein führender Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am Donnerstag nach einer Mitschrift des Pentagons. Das ukrainische Militär leiste Widerstand gegen die russischen Soldaten, hieß es weiter.
Die US-Regierung hat den zweithöchsten russischen Diplomaten in Washington des Landes verwiesen. Wie die Nachrichtenagentur AP am Donnerstag aus dem Außenministerium erfuhr, wurde die russische Botschaft bereits tags zuvor darüber informiert, dass der Gesandte-Botschaftsrat Sergej Trepelkow die USA verlassen müsse. Die Entscheidung ist keine Reaktion auf die russische Invasion in die Ukraine, sondern ist Teil eines bereits längeren diplomatischen Disputs zwischen den USA und Russland. Mitte Februar hatte Russland den stellvertretenden Missionschef der USA in Moskau, Bart Gorman, ausgewiesen.

Bundeskanzler Olaf Scholz fordert den Beschluss der EU auf ein umfassendes Sanktionspaket mit „präzisen Maßnahmen“ gegen Russland, will aber den Ausschluss Russlands aus dem internationalen Swift-Zahlungssystem für ein späteres Paket aufheben. In der Regierung hatte es zuvor geheißen, dass die Umsetzung eines Swift-Ausschlusses erhebliche Zeit der Vorbereitung brauche und man jetzt schnell wirkende Maßnahmen benötige. „Dieses Gesamtpaket ist genau das, was wir jetzt brauchen“, sagt Scholz zu dem von der EU-Kommission geschnürten Paket.
Bei Protesten gegen den Einmarsch in die Ukraine sind in Russland nach Angaben von Aktivisten fast 1400 Menschen festgenommen worden. Die Menschenrechtsorganisation OVD-Info registrierte nach eigenen Angaben bis Donnerstagabend mindestens 1391 Festnahmen in 51 russischen Städten, davon allein mehr als 700 in der Hauptstadt Moskau und mehr als 340 in der zweitgrößten Stadt St. Petersburg. Auf dem Moskauer Puschkin-Platz beobachten AFP-Journalisten dutzende Festnahmen.
Wegen der sich verschlechternden Sicherheitslage zieht die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) vorübergehend ihre Beobachter aus der Ukraine ab. Das gab OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid am Donnerstagabend bekannt.
Drei von vier Deutschen befürworten die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge, die im Zuge der russischen Invasion aus ihrer Heimat vertrieben werden könnten. Nur wenige, nämlich 15 Prozent, lehnen die Aufnahme ab, wie eine forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und ntv vom Donnerstag ergab. Demnach meinen allein die Anhänger der AfD (61 Prozent) überwiegend, dass Deutschland keine ukrainischen Flüchtlinge aufnehmen sollte.
Weiter ergab die Befragung, dass etwa 30 Prozent der Bundesbürger finden, Deutschland solle die Ukraine jetzt auch militärisch unterstützen. Eine Mehrheit von 59 Prozent hält dagegen wirtschaftliche und diplomatische Sanktionen gegen Russland gegenwärtig für ausreichend.
Der belgische Premierminister Alexander De Croo hat die rasche Annahme starker EU-Sanktionen gegen Russland gefordert. „Wir brauchen keine Sanktionen die bellen, sondern Sanktionen die beißen“, sagte De Croo am Donnerstag vor einem Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs zur Lage in der Ukraine in Brüssel. „Wir brauchen keine großen Erklärungen heute Abend. Was wir brauchen, sind Entscheidungen.“
Bei einem Angriff auf die Region Cherson im Südosten der Ukraine sind nach Angaben der örtlichen Behörden 13 Zivilisten und neun ukrainische Soldaten getötet worden. Unter den zivilen Opfern seien zwei Kinder, teilte die Regionalverwaltung am Donnerstag im Onlinedienst Facebook mit. Mehrere Teile der Region seien von den russischen Streitkräften eingenommen worden.
Das russische Militär hat nach ukrainischen Angaben die Kontrolle über den zerstörten Atomreaktor von Tschernobyl übernommen. Russische Soldaten hätten das Gebiet um das Akw im Norden der Ukraine nach „erbitterten“ Kämpfen eingenommen, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak am Donnerstagabend. Der Unglücksreaktor könne daher nicht mehr als sicher angesehen werden, es handele sich um „eine der ernstesten Bedrohungen für Europa“.
Erstmals seit Beginn des Angriffs auf die Ukraine hat Russland den Einsatz von Bodentruppen bestätigt. Sie seien von der Krim aus in das Nachbarland vorgedrungen, erklärte Igor Konaschenkow, ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, am Donnerstag. Die Bodentruppen stießen Richtung Cherson vor, einer Hafenstadt nordwestlich der Krim.
Cherson liegt an einem Stausee, der das Gros der Wasserversorgung der ukrainischen Halbinsel sicherte, bis die Ukraine 2017 den Speicher als Reaktion auf die russische Annexion der Krim 2014 mit einem Damm abschnitt. Konaschenkow sagte, der Vormarsch der russischen Truppen ermögliche die Wiederherstellung der Wasserversorgung für die Krim.
Die G7-Staaten haben nach Angaben von US-Präsident Joe Biden ein „verheerendes Paket an Sanktionen“ und anderen wirtschaftlichen Maßnahmen gegen Russland beschlossen. Darauf habe man sich in der Schalte der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten westlichen Industriestaaten geeinigt.
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine dauert nach Angaben aus Moskau an. „Die Spezialmilitäroperation wird fortgesetzt“, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Donnerstag nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau. Nach seinen Angaben rückten die Separatistenkämpfer der Gebiete Donezk und Luhansk sechs bis acht Kilometer in ukrainisches Gebiet vor. Die russische Armee habe dabei unterstützt.
Der Sprecher bestätigte die Eroberung des wichtigen Nord-Krim-Kanals. Dadurch sei die Wasserstraße „entsperrt“ und die Wasserversorgung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim wieder hergestellt worden. Dabei seien auch russische Fallschirmjäger zum Einsatz gekommen. Nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel 2014 durch Russland hatte die Ukraine den für die Wasserversorgung wichtigen Kanal gesperrt.

Der britische Premierminister Boris Johnson hat Sanktionen gegen mehr als 100 russische Personen und Firmen angekündigt. „Insgesamt werden wir das Vermögen von weiteren mehr als 100 Einrichtungen und Individuen einfrieren“, sagt Johnson. Dies betreffe etwa Firmen, die Rüstungsgüter herstellten. Die russische Fluggesellschaft Aeroflot dürfe nicht mehr in Großbritannien landen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die russischen Angriffe erneut verurteilt, sich aber selbstbewusst über den Ausgang gezeigt. „Putin wird nicht gewinnen“, sagt er in einer TV-Ansprache. Die Ukrainer wollten Freiheit und Demokratie. Scholz macht den russischen Präsidenten allein verantwortlich für die Angriffe. „Er und nicht das russische Volk hat sich für diesen Krieg entschieden. Er allein trägt dafür die Verantwortung. Dieser Krieg ist Putins Krieg.“
Die EU-Staaten wollen einem Entwurf zufolge weitere Sanktionen nicht nur gegen Russland verhängen, sondern auch gegen Belarus vorbereiten. Die Staats- und Regierungschefs wollten unverzüglich die von der EU-Kommission vorbereiteten Maßnahmen annehmen, heißt es in dem Entwurfsdokument des EU-Rats.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat den Einmarsch ins Nachbarland Ukraine als „notwendige Maßnahme“ bezeichnet. „Damit das verständlich ist: Das, was passiert, ist eine notwendige Maßnahme“, sagte Putin am Donnerstagabend bei einem Treffen mit russischen Wirtschaftsvertretern, das in Ausschnitten im Staatsfernsehen gezeigt wurde. „Uns wurden einfach keinerlei Chancen gelassen, anders aufzutreten.“
Putin betonte zugleich: „Wir können die geopolitischen Risiken nicht vollständig vorhersagen.“ Er versicherte aber, die Wirtschaft könne zu Recht erwarten, dass die Regierung nachvollziehbar handele. Die Verhängung neuer Sanktionen sei erwartet worden. Russland bleibe Teil der Weltwirtschaft. Es werde dieses System nicht beschädigen. Zugleich warnte der Kremlchef „unsere Partner“ davor, Russland wirtschaftlich zu isolieren.
Die Ukraine fordert den Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungsverkehrssystem Swift. Wer gegen einen solchen Schritt sei, habe ebenfalls das „Blut unschuldiger ukrainischer Männer, Frauen und Kinder an den Händen“, twitterte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba. Ein Ausschluss aus Swift gilt als eine Art „wirtschaftliche Atombombe“. Dies hätte zur Folge, dass russische Finanzinstitute vom globalen Finanzsystem ausgeschlossen würden.
Swift ist das international wichtigste System zum Austausch von Informationen zu Transaktionen. Gegen einen Ausschluss Russlands gab es in einigen EU-Staaten zuletzt jedoch Vorbehalte – auch, weil dies ihnen selbst erheblich schaden könnte. In EU-Kreisen wurde jedoch nicht ausgeschlossen, dass es zu einem späteren Zeitpunkt dazu kommen könnte.
Russische Hubschrauber und Flugzeuge setzen nach ukrainischen Angaben Fallschirmjäger am Flughafen Hostomel in der Region Kiew ab. An der Operation seien 20 Maschinen beteiligt. Der Flughafen befindet sich rund 25 Kilometer von der Stadt entfernt.
Die USA, Deutschland und fünf weitere führende demokratischen Wirtschaftsmächte (G7) haben Russland eindringlich aufgefordert, dass Blutvergießen in der Ukraine zu stoppen und seine Truppen abzuziehen. Die Staats- und Regierungschefs der Siebenergruppe verurteilten nach einer Videoschalte unter Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz in einer gemeinsamen Erklärung den russischen Angriff auf die Ukraine. Sie riefen die Weltgemeinschaft auf, „in der schärfsten Weise“ dagegen zu protestieren und „Schulter an Schulter“ mit der Ukraine zu stehen. Deutschland hat in der G7 derzeit den Vorsitz.
Die russische Armee hat nach Angaben der ukrainischen Regierung einen Militärflugplatz nahe Kiew eingenommen. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, es handele sich um den wenige Kilometer nordwestlich der ukrainischen Hauptstadt gelegenen Flughafen Hostomel. Er habe die ukrainische Armee angewiesen, den Flughafen zurückzuerobern.
In Russland regt sich nach dem Angriff auf die Ukraine erster Widerstand. Bei Antikriegsprotesten im Zentrum von Moskau nahm die Polizei mehrere Menschen fest, wie die Nachrichtenagentur RIA berichtete. Die Polizei sperrte den Puschkin-Platz ab, berichtete ein Reuters-Reporter. Zuvor war die Oppositionelle Marina Litwinowitsch festgenommen worden. „Ich bin auf dem Weg nach Hause festgenommen worden“, schrieb sie auf dem Messengerdienst Telegram.
Die in Moskau lebende Litwinowitsch hatte ihre Landsleute zuvor zu Protesten gegen den Angriff aufgerufen. „Heute um 19 Uhr in die Zentren unserer Städte. Russen sind gegen Krieg!“, schrieb sie in einem Facebook-Eintrag. „Wir werden dieses Chaos in den kommenden Jahren beseitigen. Nicht nur wir. Sondern auch unsere Kinder und Enkelkinder.“Auch in anderen Städten in Russland wurde laut Augenzeugen gegen den Krieg in der Ukraine demonstriert.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat sich mit ungewöhnlich scharfen Worten gegen Russland gewandt. „Gemeinsam mit unseren Verbündeten der Europäischen Union und der Nato verurteilen wir Russlands Militäraktion“, sagte Orban in einer Videobotschaft auf Facebook. Erstmals machte er auch Moskau direkt für die Spannungen und Gewalt in dem östlichen Nachbarland Ungarns verantwortlich.
Er gehe von einer wachsenden Zahl ukrainischer Flüchtlinge an den Grenzen Ungarns aus, erklärte Orban. Sein Land sei bereit, sich um sie zu kümmern und werde diese Herausforderung schnell und effektiv meistern können.
Russland hat mit einer „harten“ Reaktion auf die geplanten EU-Sanktionen gedroht. Die „unfreundlichen“ Maßnahmen der EU würden Moskau „nicht daran hindern“, die pro-russischen Separatisten in der Ostukraine zu unterstützen, teilte das russische Außenministerium mit. Gemäß dem „Prinzip der Gegenseitigkeit“ des Völkerrechts werde Russland „harte Vergeltungsmaßnahmen ergreifen“.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor angekündigt, sie werde den Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedsländer wegen des russischen Großangriffs auf die Ukraine ein weiteres Paket „massiver und gezielter Sanktionen“ vorschlagen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach von den „härtesten“ Sanktionen, welche die EU jemals verhängt habe.
Das Europa-Büro der Weltgesundheitsorganisation WHO ist um das Wohlbefinden der Zivilisten in der Ukraine besorgt. Jede weitere Eskalation in dem Konflikt könne zu einer humanitären Katastrophe in Europa mit vielen Todesopfern und weiteren Schäden für die ohnehin schon anfälligen Gesundheitssysteme führen, teilte die WHO Europa mit. Das Recht auf Gesundheit und der Zugang zu gesundheitlichen Dienstleistungen müsse immer geschützt werden, nicht zuletzt in Krisenzeiten, erklärte die in Kopenhagen ansässige Organisation.
Der frühere SPD-Bundeskanzler und heutige Gaslobbyist Gerhard Schröder hat sich zur russischen Invasion in der Ukraine geäußert. „Der Krieg und das damit verbundene Leid für die Menschen in der Ukraine muss schnellstmöglich beendet werden. Das ist die Verantwortung der russischen Regierung“, schrieb Schröder am Donnerstagnachmittag auf dem Netzwerk LinkedIn. Wörter wie „Angriff“ oder „Invasion“ vermied er.
In den vergangenen Jahren sei viel über Fehler und Versäumnisse im Verhältnis zwischen dem Westen und Russland gesprochen worden. Es habe Fehler auf beiden Seiten gegeben. „Aber auch Sicherheitsinteressen Russlands rechtfertigen nicht den Einsatz militärischer Mittel“, so Schröder weiter.
Bei notwendigen Sanktionen sei darauf zu achten, „die verbliebenen politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Verbindungen“ zwischen Europa und Russland „nicht gänzlich zu kappen“. Diese seien die Basis für die Hoffnung, dass ein Dialog über Frieden und Sicherheit wieder möglich werde.