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So weit ist der Angriff fortgeschritten: Russische Truppen rücken aus mehreren Richtungen auf ukrainisches Gebiet vor: Aus den für unabhängig erklärten Regionen Donezk und Luhansk im Osten, im Süden von der Krim aus und im Norden aus Belarus. Meldungen des ukrainischen Militärs zufolge sollen Wladimir Putins Truppen sogar in der Hauptstadtregion Kiew sein. Aus fast der ganzen Ukraine werden Explosionen gemeldet, verursacht durch Kampfflugzeuge, Raketen und Artillerie.

Legende: Die Karte zeigt die Truppenbewegungen der Russen. Die roten Punkte stehen für Orte, wo es Explosion gegeben hat. SRF
Angefangen hatte der Angriff in der Nacht mit russischen Luftschlägen gegen militärische Einrichtungen in der Ukraine. Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben die ukrainische Luftabwehr ausgeschaltet.
Die Reaktion der Ukraine: Das Land hat die diplomatischen Beziehungen mit Russland abgebrochen. Präsident Wolodimir Selenski hat noch am frühen Donnerstagmorgen den Kriegszustand ausgerufen.
Selenski ersucht den Westen um Unterstützung. In einem Tweet schreibt er, habe unter anderem mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über konkrete Sanktionen und militärischen Support gesprochen.
So stark ist die ukrainische Gegenwehr: Der ukrainische Präsident Selenski hat die Bevölkerung zum Kämpfen aufgerufen, aber inwieweit das nur Durchhalteparolen sind, scheint unklar. Sicher ist: Die Ukraine ist Russland militärisch massiv unterlegen. Es gibt Berichte über Gefechte, etwa in der Ostukraine. Wie gross das Blutvergiessen tatsächlich ist, lässt sich derzeit nur schwer abschätzen.
Was über mögliche Opfer bekannt ist: Es hat bereits Dutzende Tote und Verletzte gegeben. Darunter sind auch zivile Opfer. Laut ukrainischen Behörden hat es in der Stadt Browary, nahe Kiew, mindestens sechs Tote und zwölf Verletzte gegeben. Im Südosten, nahe Odessa, sind offiziellen Angaben zufolge acht Männer und zehn Frauen ums Leben gekommen. Auch das ukrainische Militär spricht von mindestens 40 toten Soldaten, die prorussischen Separatisten melden ebenfalls Opfer.
Deshalb wird der Westen nicht militärisch reagieren: Eine westliche Militäraktion sei nicht vorstellbar, sagt der internationale SRF-Korrespondent Sebastian Ramspeck. Die USA und auch die Nato hätten dies im Vorfeld mehrfach deutlich gemacht. Ein Grund dafür: Die Ukraine ist kein Nato-Mitglied. Auch sei Russland eine Atommacht, und Atommächte hätten normalerweise keinen Angriff zu befürchten, so Ramspeck. Der Westen sei ausserdem kriegsmüde: «Das hat man in Afghanistan und zuletzt auch in Mali gesehen.»
Der Westen hat jedoch massive Sanktionen angekündigt. Und: Laut Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sind mehr als 100 Kampfjets in Alarmbereitschaft, um den Luftraum des Nato-Gebiets zu überwachen.
Warum sich Putin zum Angriff auf die Ukraine entschlossen hat: In einer Rede, die er am Donnerstag – um 5 Uhr Kiewer Zeit – gehalten hat, begründet der russische Präsident Wladimir Putin die Invasion als eine Art Selbstverteidigung. «Die Umstände erfordern entschlossenes und sofortiges Handeln von uns. Die Volksrepubliken im Donbass haben Russland um Hilfe gebeten. Ich habe deswegen eine Militäroperation angeordnet.»
Für SRF-Russland-Korrespondentin Luzia Tschirky entbehrt Putins Rede jeglicher Fakten. Es ergebe keinen Sinn, den Donbass schützen zu wollen, dann aber die Hauptstadt Kiew anzugreifen, die nicht zu diesem Gebiet gehöre. Die Gefahr sei nie von der Ukraine ausgegangen, die Gefahr sei von Anfang an von der russischen Regierung ausgegangen, sagt Tschirky. Sie rechnet mit der vollständigen Okkupation des Landes.
Tagesschau, 24.02.2022, 12:45 Uhr; agenturen/srf/acka; fise